Es gibt nur wenige Planer, die sich so breit aufgestellt haben und das große Ganze im Blick haben wie Lola Landscape Architects aus Rotterdam. Neben angestellten Landschaftsarchitekten, Architekten und Urban Designern setzen sie auf Kooperationen mit einer Vielzahl von Partnern. Sie betreiben Forschung, zum Beispiel beim großen Deichprojekt, das in dem Buch „Dutch Dikes“ mündete und nicht nur alle Deiche in den Niederland kartierte und systematisierte, sondern auch aufweist, wie diese größte niederländische Erfindung in Zukunft eine immer größere Rolle spielen dürfte. Daraus entstanden zB Planungen für einen zukunftsfähigen Rotterdamer Hafen, auch bei steigenden Pegelständen. Lola wurde 2006 gegründet und arbeitet hauptsächlich in den Niederlanden und seinen Nachbarländern und in China.
Viele ihrer Projekte betreffen die Transformation nicht mehr genutzter Industrieareale oder großer Sportanlagen, neben Parks einer der Treiber für den Stadtumbau.
Die französische Architektin Sophie Delhay, die 2008 in Paris ihr eigenes Büro gründete, ist in wenigen Jahren zu einer Leitfigur der Erneuerung des städtischen Wohnungsbaus geworden. Delhay beschäftigt sich in ihrer Suche nach einer gesellschaftlich relevanten Architektur nahezu ausschließlich mit allen möglichen Formen des Geschoßwohnungsbaus – einem Bereich des Bauens, der in ganz Europa nur noch minimale Freiheiten zu bieten scheint, weil er in den Zwängen der globalen Immobilienfinanzierung und der Bodenspekulation festgefahren ist. Ausgangspunkt ihrer Entwürfe ist immer eine konkrete Recherche über die Lebensformen der künftigen Bewohner.
Delhay versteht ihre Beschäftigung mit den Missständen des heutigen Wohnungsbaus auch als eine ganz persönliche, gesellschaftspolitische Wahl. Als Architektin Vorschläge zu machen, wie der Wohnungsbau aus seiner Sackgasse herausgeführt werden kann bedeutet für sie eine gesellschaftsverändernde Tätigkeit. Hierfür erhält Sophie Delhay Paris den Schelling Architekturpreis 2022.
LaCol Cooperativa nominiert für den Schelling Architekturpreis 2022
LaCol Cooperativa sind so etwas wie die neuen Meister*innen des kooperativen Wohnungsbaus in Barcelona, und sind auch selbst als Kooperative und Arbeitsgemeinschaft organisiert. LaCol haben das barcelonesische Wohnungsbau-Panorama in den letzten Jahren entscheidend mitgeprägt und auf ihre Weise verändernd beeinflusst, um nicht zu sagen ein bisschen revolutioniert.
Fünf Prinzipien liegen dem La Borda-Projekt im Entstehungs- und im Nutzungsprozess zugrunde: die autopromoción oder Eigenwerbung und direkte Beteiligung aller Partner, die Nutzungsüberlassung in Erbpacht, die Förderung des gemeinschaftlichen Lebens und die Stärkung der Beziehungen zwischen den Bewohner*innen, Nachhaltigkeit im Hinblick auf Energieverbrauch, Größe der Wohnungen und Verzicht auf Parkplätze und schließlich die Bezahlbarkeit, in der die Genossenschaft auch eine Alternative für Geringverdiener ist.
Das Kollektiv trägt zweifelsohne dazu bei, eine Metropole wie Barcelona, in der die Mieten unter Spekulationsdruck stetig steigen und der Zugang zu bezahlbarem Wohnraum immer schwieriger wird, ein Stück bewohnbarer zu machen.
Das junge Leipziger Architekturbüro SummaCumFemmer besteht seit 2015 aus den beiden Gründern und Ehepartnern Florian Summa und Anne Femmer. Ihr bisher gebautes Oeuvre ist noch klein, hat aber einiges an Furore verursacht.
Zusammen mit Juliane Greb haben sie einen sehr bemerkenswerten Wohnungsbau im Münchner Stadtteil Riem errichtet, der als Wegweiser für das künftige bezahlbare und zukunftsfähige innerstädtische Wohnen für alle interpretiert werden kann.
Lina Ghotmeh erhält den Schelling Architekturpreis 2020
„Wenn man heute baut, dann ist es überlebenswichtig zu verstehen, dass man sich notwendigerweise immer in einem System von Beziehungen befindet“. So lautet das Credo der Architektin Lina Ghotmeh, die sich in dieser Debatte mit engagierten Statements, mit ihren Bauten und im Rahmen ihrer Lehre zu Wort meldet. Nachdem sie bei Norman Foster und bei Jean Nouvel gearbeitet hat, unterrichtete sie an der École Spéciale, der konzeptionellsten der Pariser Architekturschulen, die von Paul Virilio geprägt worden war.
Aufgewachsen ist Ghotmeh in Beirut, dort studierte an der American University. Die Zeit im Libanon kurz nach dem Bürgerkrieg hat sie geprägt. In ihrer Methodik als Architektin plädiert sie für eine möglichst präzise „Archäologie der Zukunft“ als Ausgangspunkt jedes Projekts. Sie versteht darunter, Bestehendes erst genau zu analysieren, es auf seine – auch schmerzhaften – Bedeutungen abzuklopfen + diese dann mit der sozialen und politischen Lebensrealität vor Ort neu zu verknüpfen.