Preisträger

Coop Himmelb(l)au | Helmut Swiczinsky & Wolf D. Prix

Architekturpreis: Wolf D. Prix+H. Swiczinsky©COOP

Preisträger

Coop Himmelb(l)au sind ein seelischer Ausnahmezustand, der seit über zwanzig Jahren andauert. Es ist der Versuch, sich den Boden unter den Füßen wegzuziehen, um wenigstens mit dem Kopf durch die Wand zu kommen. (…) Aus Coops einstiger Provokationsästhetik ist heute eine international anerkannte Modellarchitektur geworden. (…) Was für die Moderne einst Collage war, spitzen Coop zur Karambolage zu. Ihre Ästhetik des Unfalls bildet gebaute Schrecksekunden; den Schock des Aufpralls kultivieren sie bis ins Detail. Deshalb lassen sich die Häuser von Coop Himmelb(l)au ganz unmetaphorisch als urbane Resonanzkörper bezeichnen. Sie reflektieren und verstärken die gewaltigen Überlagerungseffekte der großen Städte. (…) Anders als viele ihrer „dekonstruktivistischen“ Mitstreiter sind sie Praktiker ohne theoretisches Konzept. Die Schriften Jacques Derridas etwa kennen Prix und Swiczinsky nur vom Hörensagen. Bei ihnen entsteht die gebaute Abstraktion aus ungetrübter eigener Anschauung heraus. Sie waren die Ersten, die das Bauen aus den technischen und formalen Zwängen der Architekturgeschichte befreit haben. Obwohl sie in aller Welt Mitstreiter und Nachahmer gefunden haben: Sie sind noch heute mit Abstand die Besten ihrer Zunft.

Michael Mönninger

Wolfgang Pehnt (1931-2023)

Theoriepreis: Wolfgang Pehnt©privat

Preisträger

Wolfgang Pehnt kann, als Kunsthistoriker mit profunden Kenntnissen langfristiger Entwicklungen, kultureller Querbezüge und personeller Verflechtungen ausgestattet, Architektur als Baukunst subtil der immanenten Betrachtung eines Kunstwerkes unterziehen, Konzepte und Entwürfe vor dem Hintergrund einer ideellen Genese interpretieren. Konsequent und systematisch wechselt Wolfgang Pehnt den Bezugsrahmen seiner Architekturkritik, indem er nach kritischer Würdigung von Werk und Entwerfer den Maßstab ändert, um in gleichsam kultursemiotischer Perspektive einzelne Bauten als Elemente heterogener Strukturen auf Brüche, Widersprüche, Ungleichzeitigkeiten hin zu untersuchen. In dem er, vom sinnlich erfahrbaren Gegenstand ausgehend, dabei auch das Unsichtbare, die Gebrauchsweisen, die Gefühle, Wünsche und Ängste der Menschen zur Sprache bringt, werden weitere Dimensionen erschlossen, die von der Architektur- zur Kultur- und Gesellschaftskritik hinüberleiten. Seine weiträumig angelegten Denkgebäude bieten Rücksichten und Ausblicke über Jahrzehnte hinweg.

Werner Durth

Zaha Hadid (1950–2016)

Architekturpreis: Zaha Hadid©M. Cremer

Preisträgerin

Meilensteine der Architekturgeschichte sind oft zwergenhafte Bauten. Nicht die großen Sinfonien der Kathedralen und Paläste, sondern die kammermuskalischen Bauformen haben die Ideengeschichte beflügelt. (…) Auch wenn es sich nur um die Feuerwehrstation einer badischen Möbelfabrik handelt, hat deren Schöpferin Zaha M. Hadid auf Anhieb ihr anspruchsvolles, fast vermessenes Architekturkonzept verwirklicht. (…) Zaha Hadid ist die rigoroseste Verkörperung eines neuen Geistes in der Architektur, der gleichermaßen gegen Spät- und Postmoderne, gegen High-Tech und High-Touch Front macht. Nicht Wiederentdeckung der Geschichte oder Aufbruch zur neuen Bescheidenheit, weder historistischer Totenkult noch puristische Seelenwanderung, sonder die Begründung einer eigenen nachahmungsfreien und kompromißlos gegenwärtigen Formensprache ist Motiv dieser Architektur.

Michael Mönninger

Nikolaus Kuhnert

Theoriepreis: Nikolaus Kuhnert©privat

Preisträger

Die Zeiten, da die Architektur das wichtigste Experimentierfeld neuer künstlerischer und wissenschaftlicher Ideen war, sind lange vorbei. Die Baukunst reagiert heute meist nur noch auf Innovationen in Wirtschaft, Technik und Gesellschaft. Die Zeitschrift Arch+ ist eines der wenigen Architekturmagazine, das weiterhin den Anspruch auf Theoriebildung und Debattenkultur verfolgt. In zwanzig Jahren als Herausgeber und leitender Redakteur hat Nikolaus Kuhnert Arch+ zum wichtigsten deutschen Forum der architektonischen und urbanistischen Diskussion gemacht. In Aufsätzen und Interviews, vor allem aber als Initiator und Vermittler hat Kuhnert gerade in jüngster Vergangenheit die wichtigsten internationalen Autoren versammelt und damit Themen wie Dekonstruktion, Stadtauflösung, Neue Medien, neue Geometrien, neue Werkstoffe oder Bautechniken in Deutschland bekannt gemacht. Als Vorkämpfer einer Zweiten Moderne hat Nikolaus Kuhnert die Architektur wieder zu einem Laboratorium der Ideen gemacht, die weit über das Bauen hinausreichen.

Michael Mönninger

Peter Zumthor

Architekturpreis: Peter Zumthor©Privat

Preisträger

Im couragierten Widerspruch zu einer Welt voller geborgter und gefälschter Konventionen stellt das architektonische Werk von Peter Zumthor die „wirklichen“ Dinge in den Mittelpunkt.  Materialien, Bautechniken und Räume werden wieder zu dem, was sie ursprünglich waren; allerdings nicht in einem unkritischen (und zwangsläufig anachronistischen) Rückgriff auf die Vergangenheit, sondern im Gegenteil dadurch, daß sie in neue Sinnzusammenhänge gestellt werden. Die ganz und gar eigenständige Haltung, die Zumthor dabei entwickelt, hält der rationalen Überprüfung stand, eröffnet aber gleichzeitig ein vielschichtiges, poetisches Universum, das jene, die sich darauf einlassen, zum existentiellen Nachdenken bringt.

Vittorio Magnago Lampugnani

Frühere Preisträger*innen