Mit der Diplomarbeit stellte Benjamin Foerster-Baldenius bereits die herkömmliche Tätigkeit von Architekten in Frage. Der Schwerpunkt seiner eigenen Arbeit liegt in der Planung und der Durchführung von Veranstaltungen und ephemeren Bautenwie zum Beispiel dem „bad ly“, einem öffentlichen Freibad in Bauschuttcontainern, oder der 100 Meter langen Küchenzeile für das Architekturforum Linz – beides Projekte aus dem Jahr 1999.
Als Mitglied der Berliner Gruppe raumlabor entwickeln Foerster-Baldenius und seine Partner stadtplanerische und architektonische Projekte, indem je nach Bedarf Arbeitsgemeinschaften aus „losen Haufen, einem netten Netzwerk, zwei Räumen mit ein bisschen Technik“ gebildet werden.
Benjamin Foerster Baldenius wagt eine Prognose: „In zehn Jahren ist raumlabor eines der größten architektonischen Netzwerke, mit 950 Laboranten weltweit und den ersten zweitausend realisierten Raumlaborprojekten. Das Label steht für grün, witzig und viel zu billig“.
Durch deutliche Benennung von architektonischen und städtebaulichen Entwicklungen hat der Berliner Architektursoziologe Werner Sewing seit einem Jahrzehnt unerschrockene, wie analytisch dichte Kritik geübt. Bemerkenswert ist die geographisch umfangreiche Breite and fachliche Tiefe, in die Sewing systematisch in seinen Schriften vor- und eingedrungen ist. So entstanden Schriften zu den städtebaulichen Phänomenen in den USA wie auch zum zweiten steinernen Berlin, oder zum unfreiwillig sich wandelnden Selbstverständnisses des Berufsstandes (u.a. zusammengefaßt in Sewings Buch: Bildregie: Architektur zwischen Retrodesign und Eventkultur, Basel 2003).
Sewings Essays und Vorträge sind durch klare, auch einem nicht-fachlichen Publikum erschließbare Aussagen geprägt. Der mit Euro 10 000 dotierte Erich Schelling Architekturtheoriepreis würdigt besonders das unabhängige Engagement Sewings die komplexen Wandlungen der Architektur und des Städtebaus aus soziologisch-kritischer Betrachtung in vorbildlicher Weise einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Durch die radikale Rückführung auf das Wesentliche haben Anne Lacaton und Jean Philippe Vassal in ihren Bauten sowohl Räume als auch konstruktive Schichten der unmittelbaren Erfahrung freigelegt. Besonders im Palais de Tokyo in Paris von 2001 konnte diese Haltung eine fruchtbaren Gegenüberstellung zwischen temporären Eingriffen im Dienste der zeitgenössischen Kunst und dem äußeren Ewigkeitsanspruch des 1937 Weltausstellungsgebäude erzielen.
In ihren Gestaltungen legen die beiden französischen Architekten weniger Wert auf formale Eleganz als auf intelligente Anwendung einfacher, zum Teil vorgefertigter Bauteile. So entstehen lapidare, kostengünstige Bauten mit klaren Unterscheidungen zwischen intensiv bestimmten Kernen und verschieden nutzbaren Hüllen, oft nach den Prinzipien von Gewächshäusern entwickelt (Haus Latapie, Bordeaux 1993; Haus in Coutras 2000; Wohnbau, Mulhouse 2004-06).
Grundsätzlich lassen sich Lacaton & Vassal von der Frage des angemessenen Materialeinsatzes leiten. Früh hat die gemeinsame Erfahrung in Afrika ein Bewusstsein für den kreativen Umgang mit beschränkten Ressourcen, für die offene Nutzung wohlproportionierter Räume, für den Vorrang der räumlichen Qualität vor der bildhaften Aussage geweckt.
Als vielseitig interessierter Literat gehörte Friedrich Achleitner zur Wiener Gruppe, schrieb Beiträge, die sich zunehmend auch der Architekturkritik widmeten und schließlich zu einer systematischen Untersuchung der Baukultur Österreichs führten. Aus dieser produktiven Verbindung von Literatur und Architekturkritik hat Achleitner eine besondere Qualität präziser Analyse von Bauten und übergreifenden Entwicklungen in der Architektur- und Stadtgeschichte entfaltet, die inzwischen ein reiches Lebenswerk prägt. Besonders hervorzuheben ist die Dokumentation „Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert“, die drei Bände umfasst und für die Geschichtsschreibung auch andernorts auf höchstem Niveau Maßstäbe setzt. Diese umfangreiche Arbeit ist das Ergebnis langjähriger Forschung auf der Grundlage sorgfältiger Auswertung aller erreichbaren archivalischen Quellen, persönlicher Besichtigung aller Bauten vor Ort und deren sprachlich brillanter Bewertung.
Mit typologischen Studien zum Regionalismus in der Architektur gab Achleitner Anstöße zur theoretischen Reflexion der Entwurfspraxis, die auch international wirkte. Als „Gewissen der Architektur“ bezeichnet, mischt er sich in aktuelle Debatten ein und schreibt in weiteren Studien sein Lebenswerk fort.
Auf der Suche nach Leitbildern für eine ganze Kultur, sei es die der Baukultur, einer regionalen Kultur oder sogar einer Zeitkultur, entwickeln Jensen & Skodvin in sich stimmige Architektur als Antwort auf alle drei Kulturkomponenten. Die Stimmigkeit leitet sich aus den Grundprinzipien ab, an die sich Jensen & Skodvin halten: Ihre Architektur wirkt vermittelnd angesichts des Bestandes, sei es mit Bezug auf die gegebene Topographie oder die vorhandene Bausubstanz. Durch Respekt und Verständnis für diesen Bestand gelangt die Gesamtgestalt zu einer Poesie der Gleichzeitigkeit.
Jan Olav Jensen und Børre Skodvin wissen ihre Bauten auf wesentliche konstruktive und tektonische Prinzipien zu konzentrieren – trotz der harten klimatischen Bedingungen in Norwegen. Damit zeigen sie vorbildlich, wie eine substantielle und gleichzeitig poetische Architektur heute möglich ist. Sie erschließt sich unmittelbar dem Betrachter, egal ob es sich um ein Wohnhaus, ein Hotel oder eine Kirche handelt.