Die aus Mailand stammende Stadtplanerin und Architektin vermittelt ihr Wissen als Theoretikerin und Lehrende an den Universitäten von Lausanne und Venedig. Ihr Engagement gilt einem offenen und gerechteren Stadtmodell. Sie plädiert für eine Ablösung von der Zentrumsfixierung der Leitbilder der letzten Jahrzehnte und für eine ökologische Re-Qualifizierung urbaner Territorien. Die räumliche Aufwertung und Verknüpfung von zusammenhängenden Grünzonen und Wasserläufen sind zentrale Ausgangspunkte ihrer Arbeit an der Stadt. Sie stehen für ein neues gesamtstädtisches Raumsystem, das in den „leeren Räumen“ der Peripherie und der Randgebiete den entscheidenden Ausgangspunkt für klimagerechte Veränderung sieht. Paola Viganò hat sich als Stadtplanerin an den großen internationalen Stadtentwicklungs- und Restrukturierungswettbewerben (Grand Paris, Bruxelles 2040, Antwerpen, Moskau und Genf) beteiligt und hat diese – bis 2014 zusammen mit Bernardo Secchi – mit ihren Ideen entscheidend geprägt. Sie hat aber auch als Architektin eine Reihe von herausragenden öffentlichen Bauten, Plätzen und Umnutzungen kultureller Institutionen entworfen, so zum Beispiel den zusammen mit Bernardo Secchi realisierten Theaterplein in Antwerpen.
Als Theoretikerin ist sie mit ihren Aufsätzen und Schriften an der Diskussion zentraler Begriffe der europäischen Stadtdebatte der letzten 25 Jahre beteiligt gewesen – etwa bei der kritischen Auseinandersetzung mit der ‚Città diffusa‘. Das in den letzten zehn Jahren wichtige Konzept einer ‚Porösen Stadt‘ wurde von ihr entscheidend mitgeprägt, und erst jüngst hat sie mit der Publikation über „The Horizontal Metropolis“ einen weiteren Anstoß für die Qualifizierung des öffentlichen Raums in einer transformierten Stadtlandschaft gegeben.
Zu sehen waren ihre Forschungen zur europäischen Stadt, die sie zusammen mit den Studierenden der EPFL Lausanne umgesetzt hat, zuletzt auf der Architekturbiennale 2021. Der Kurator Hashim Sarkis hat ihrem Werk einen der großen Ausstellungsräume des italienischen Pavillons in den Giardini gewidmet.
Itohan Osayimwese ist Architektur- und Stadthistorikerin. Sie ist außerordentliche Professorin für Kunst- und Architekturgeschichte an der Brown University, Providence / USA. Sie beschäftigt sich mit Theorien der Moderne, Postkolonialität und Globalisierung. Ihr Fokus liegt dabei auf der Analyse der deutschen Kolonialarchitektur, Stadtplanung und visuellen Kultur. Des Weiteren liegen ihr die moderne Architektur in Deutschland, die materielle Kulturgeschichte Afrikas und der afrikanischen Diaspora sowie die Architektur der Entwicklung in Afrika am Herzen. Ein zusätzliches Forschungsinteresse gilt dem architektonischen und urbanen Leben religiöser Kulte.
In ihrem vielbeachteten Buch „Colonialism and Modern Architecture in Germany (2017)“ untersucht sie die Auswirkungen des Kolonialismus auf die Entwicklung der modernen Architektur in Deutschland von den 1850er bis zu den 1930er Jahren. Ihr aktuelles Buchprojekt „From Barbados to Boston“ untersucht die transformativen Auswirkungen der Migration auf die anglo-karibische Baukultur und Gesellschaft nach der Emanzipation. Ein weiteres Buchprojekt führt englischsprachige Wissenschaftler in die erste deutschsprachige Studie über afrikanische Architektur ein, die 1894 veröffentlicht wurde, und revidiert unser Verständnis der Ursprünge des Studiums der afrikanischen Kunst.
Keller Easterling, us-amerikanische Architektin, Autorin und Professorin an der Yale University, erforscht auf einem hohen theoretischen und sprachlichen Niveau die Raumproduktion unserer von technologischen Geweben überdeckten und logistisch ausbalancierten Lebenswelt, ohne dabei die spezifisch soziale Dimension und das politische Potential des urbanen Raums aus den Augen zu verlieren.
Mit „Enduring Innocence: Global Architecture and its Political Masquerades“ legte sie die theoretischen Grundlagen für einen frischen und zugleich kritischen Blick auf die politischen Systemlücken einer zunehmend globalisierten Architekturproduktion. In „Extrastatecraft: The Power of Infrastructure Space“ untersuchte sie Infrastrukturnetzwerke als „Medium des Gemeinwesens“ und setzte wegweisende Akzente für den zeitgenössischen Architektur- und Stadtforschungsdiskurs.
Keller Easterling gilt als eine der wichtigsten intellektuellen Stimmen im internationalen Architekturdiskurs.
Die Schelling Architekturstiftung würdigt den britisch-kanadischen Autor Doug Saunders für die neue Perspektive, mit der er die Ursachen von Randbedingungen für und Einflüssen auf die neuen Einwanderungsquartiere in westlichen Gesellschaften erforscht. Damit erarbeitet er Grundlagen auch für den Städtebau, die letztlich über den Erfolg oder Misserfolg unserer urbanen Lebensverhältnisse im 21. Jahrhundert entscheiden werden. Seine Beobachtungen und intensiven Recherchen zum Thema Migration in zwanzig Metropolen auf allen Kontinenten fasste er 2011 in dem Buch‚ Arrival City‘ und 2012 in ‚Mythos Überfremdung‘ zusammen.
Pallasmaas Karriere – die sich nun über fast sechs Jahrzehnte spannt – umfasst das ganze Spektrum des Bauens, Lehrens, Schreibens, Herausgebens, Lektorierens und Kuratierens. Das Wesentliche an Pallasmaas erstaunlichem Lebenswerk liegt offensichtlich in seinem Denken über Architektur, das heißt, in seinem fruchtbaren und sich stetig entwickelndem Schreiben und in seiner Lehrtätigkeit. Es erstaunt nicht, dass Pallasmaa eine klare Haltung hinsichtlich der moralischen Verpflichtung unseres Faches einnimmt, also der Verantwortung, welche Architektur für unsere Lebensbedingungen hat.