Erich Schelling im Nationalsozialismus
1992 bot sich Trude Schelling-Karrer (1919-2009) die Chance, eine Architekturstiftung zu gründen. Mit Prof. Dr. Heinrich Klotz – 1984 Gründungsdirektor des Deutschen Architekturmuseums in Frankfurt – war 1988 ein Architekturexperte nach Karlsruhe gekommen, der Trude Schelling-Karrers Interesse für Architektur fachlich fundieren und öffentlich vertreten konnte. Er beriet sie darin, „das zukunftsträchtige Bedeutsame zu fördern und das fundierte Wissen zu verbreiten“, also Architektur und Architekturtheorie zusammen zu fördern.
Der Karlsruher Architekt Erich Schelling war 15 Jahre älter als Trude Schelling-Karrer und bereits 1986 verstorben. Die Witwe wollte die Stiftung nach ihrem verstorbenen Mann benennen. Sie war ihm als Ehefrau zugetan und zweifelte, so weit wir wissen, nicht an dessen „Ehrwürdigkeit“.
Nach dem Tod der Stifterin wurde die Geschichte der Stiftung und die Tätigkeit Erich Schellings während der NS-Zeit im Kontext einer neuen Website neu aufgearbeitet.
Diese Vergangenheit war nicht neu – Wolfgang Voigt forschte bereits und veröffentlichte später dazu (Deutsche Architekten im Elsass 1940-44. Wasmuth 2012).
Zusätzlich engagierte die Stiftung 2009 den Historiker Dr. Holger Köhn (Büro für Erinnerungskultur, Darmstadt), sich tiefergehend mit dem Wirken Erich Schellings in dieser Zeit auseinanderzusetzen.
Das 17-seitige Gutachten finden Sie
hier auf Deutsch:
Wirken des Architekten Schelling im Nationalsozialismus (PDF)
hier auf Englisch:
Schellings work during National Socialism (PDF)
Gegenwärtige Diskurse zu Straßen-, Institutions-, Stiftungsumbenennungen erschließen neue Blickwinkel auf die Relevanz historischer Ereignisse und Persönlichkeiten. Das ist gut so. Die Stiftung legt Wert auf größtmögliche Transparenz und zeigt seit ihrer Gründung vor 30 Jahren eine thematische Ausrichtung, die international anerkannt und im Sinne des von Prof. Heinrich Klotz konzipierten, fachlichen Anspruchs weiterverfolgt wird.
Dass generell eine Neubewertung der im Nationalsozialismus tätigen Architekten ansteht, ist selbstverständlich. Geschichte ist eine lebendige Wissenschaft, und die Stiftung wird im Sinne ihres festgesetzten Anspruchs, fundiertes Wissen zu verbreiten, weiter tätig werden und NS-Forschungen auch unterstützen. Holger Köhn benennt im Abschluss seines Gutachtens:
Bei der Beurteilung der „Ehrwürdigkeit“ Erich Schellings wird es darum gehen, sein oben dargestelltes Wirken in der NS-Zeit zu bewerten.“