Zum Tod von Dietmar Steiner (1951-2020)
Mit Dietmar Steiner verliert die international debattierte Architektur- und Stadtplanungskultur einen ihrer Pioniere und die Schelling Architekturstiftung jenen Kurator, der sie aus den eurozentrischen Debatten in eine globale Perspektive wegweisend begleitet hat.
1951 geboren, studierte Dietmar Steiner Architektur unter anderem bei Ernst A. Plischke und Gustav Peichl. Seine unbändige Neugier und Diskussionslust prädestinierten ihn aber für Aufgaben, die sich weniger in eigener Baupraxis als vielmehr bei Entwicklungen, Themensuchen – auch im Zusammenhang mit den großen Fragen zu Architektur und Stadt – stellten. Ob als Autor scharfer Kritiken oder Diskutant in Gremien, Jurys, Redaktionskonferenzen, auf Kongressen und als Kurator, schließlich als Museumsdirektor: Er brachte sich mit klaren Positionen und mit nimmermüdem Engagement vor allem zu ökologischen und sozialpolitischen Aspekten des Bauens in einen globalen, politisch und ökonomisch determinierten Kontext ein.
So schätzte sich die Schelling Architekturstiftung 2005 glücklich, ihn als Mitglied im Kuratorium für ihre Architektur- und Theoriepreise gewinnen zu können. Mit Kenntnissen, über die er auch dank vieler Reisen rund um den Globus und in seiner Funktion als Gründungsdirektor des Architekturzentrums Wien verfügte, prägte Dietmar Steiner den Weg der Stiftung zu einer internationalen, seismographisch wirkenden Kraft.
Mit seiner Laudatio für die Preisträger 2006, Anne Lacaton & Jean Philippe Vassal, wies er vor über einem Jahrzehnt darauf hin, dass eine neue Generation von Architekten sich vom Star-Kult zugunsten globaler Verantwortung abzuwenden begann. In seiner Wertschätzung von Friedrich Achleitner kam 2008 aber auch seine an tiefer Orts- und Geschichtskenntnis orientierte Motivation zum Ausdruck, die sich 2016, zum Rückzug aus dem Beruflichen, in dem einfachen Diktum „Am Ende: Architektur“ manifestierte.
Dietmar Steiner machte sich für Preisträger wie Wang Shu & Lu Wenyu oder Diébédo Francis Kéré stark und sorgte auch im Bereich der Architekturtheorie für lebhafte Diskussionen, in denen die Schelling Architekturstiftung über ein Jahrzehnt von seiner Leidenschaft für Architektur abseits aller Mainstreams zehren konnte.